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SüdOst: Langwasser soll schöner werden –
mit „Betonliebe“

wbg-Fassaden als Leinwände für StreetArt

Langwasser ist voll von Beton. Als Prototyp einer Trabantenstadt ragen hier mehrstöckige Häuserblocks in den Himmel. Ihre Fassaden sind meist grau, weiß, schmutzig-gelb. Im August des vergangenen Jahres hat die wbg der Tristesse nun farbstarke Hingucker mit Wow-Effekt entgegengesetzt. Den Anstoß dazu hatte das Projekt "Betonliebe" gegeben.

Gestartet war diese neue große Liebe im Sommer 2019 unter der Regie des Gemeinschaftshauses Langwasser und des Arbeitskreises StreetArt. Die Projektleitung liegt bei Miriam Fuggenthaler, künstlerischer Leiter ist Carlos Lorente, selbst Graffiti-Künstler und Inhaber der Graffiti-Akademie "Style Scouts". Das Ziel des Projekts ist es, den Stadtteil mit Kunst im öffentlichen Raum zu verschönern, dadurch die Lebensqualität der Menschen vor Ort zu erhöhen und Bürger von außerhalb für diesen besonderen Stadtteil zu begeistern.

So waren internationale und lokale Kreative dazu eingeladen worden, ausgewählte Wände mit bleibenden Werken zu gestalten. Die erste Fläche, die im Rahmen der Aktion zur bunten Leinwand wurde, war ein Teil der Fassade des VfL-Sportzentrums an der Salzbrunner Straße. Es folgte ein Areal am Parkhaus des Franken-Centers, der Betriebshof des Gemeinschaftshauses Langwasser wurde optisch in ein Radio verwandelt und beim Familienzentrum an der Imbuschstraße wurde ebenfalls eine Wand im Rahmen einer partizipativen Gemeinschaftsaktion verschönert.

Die wbg war als Betonliebe-Partner von Anfang an mit von der Partie und stellte zwei große Flächen an der Windthorststraße 3 und an der Feulnerstraße 1 zur Verfügung. Auch die zu den Mehrfamilienhäusern dazugehörigen Einfahrten der Tiefgaragen wurden mit StreetArt verziert. Betreut und gesteuert hat das Projekt für die wbg der Architekt Harald Behmer von der Stabsstelle Technische Sonderaufgaben. "Die wbg ist seit nunmehr 60 Jahren aktiv an der Entwicklung Langwassers beteiligt. Da lag es nahe, sich als Unternehmen auch bei diesem Projekt einzubringen", sagte Behmer und betonte, dass die Geschäftsleitung voll und ganz hinter der StreetArt-Aktion stehe. So sollen bis zum Ende des Projekts im Sommer dieses Jahres noch zwei weitere wbg-Wände gestaltet werden.

Finanziell hat das Unternehmen die "Betonliebe" ebenfalls unterstützt. Und es stellt für die Dauer der Aktion ein leer stehendes Ladenlokal an der Ratiborstraße 29 als "StreetArt-Zentrale" zur Verfügung. Hier öffnen sich mindestens einmal im Monat die Türen für ganz unterschiedliche Veranstaltungen, darunter Meet-The-Artist-Abende, Filmvorführungen, Graffiti-Vorträge und Sketch Circles. Wer Ideen für die Bespielung der Zentrale hat, kann diese auch selbst umsetzen und einen Pop-Up-Kulturladen aus ihr machen.

Für die Kunstwerke an den wbg-Bauten konnten namhafte StreetArt-Künstler gewonnen werden. Der Fläche an der Windthorststraße 3 widmete sich der Münchner Matthias Köhler, in der Szene besser bekannt unter dem Pseudonym "Loomit". Der 52-Jährige soll schon das private Badezimmer von Christian Ude, früherer Oberbürgermeister von München, bemalt haben. Auch am höchsten Graffito der Welt, das in Hamburg entstand und einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde erhielt, war er maßgeblich beteiligt. Loomit gilt als einer der wichtigsten Graffiti-Künstler im deutschsprachigen Raum und zählt zur ersten Generation der europäischen Urban Art. Seine Werke bewegen sich zwischen Muralismus, StreetArt und Style Writing. Das Werk in Langwasser trägt als Titel sein eigenes Pseudonym: "LOOMIT". Sämtliche Buchstaben des Namens sind an der Hauswand wiederzufinden. Zentral platziert ist zudem der Dürerhasen. "Als Referenz zu Nürnberg", wie auf einer an der Fassade platzierten Infotafel vermerkt ist. Wer verharrt und sich länger mit der Wand auseinandersetzt, wird geradezu in die Tiefe des Bildes und seinen Surrealismus hineingezogen.

An der Feulnerstraße 1 schließlich packte Armin E. Mendocilla aus Berlin seine Farben und kreativen Ideen aus. Der 28-jährige, besser bekannt als "Nasca Uno", hat deutsch-peruanische Wurzeln und kombiniert in seinen Werken gerne fotorealistische, surrealistische und abstrakte Elemente. Dabei interessiert er sich besonders für die vielfältigen Kulturen und Riten, Tier- und Pflanzenwelten sowie aktuelle gesellschaftliche Themen Perus. Seinem monumentalen wbg-Gemälde hat er den Titel "Wanderin" gegeben und darin "Elemente aus Langwasser, Nürnberg und aller Welt" integriert. Um die Internationalität des Stadtteils zu erfassen und ein Gespür für ihn zu bekommen, hatte er sich vorab mit dort lebenden Menschen unterhalten und sich von ihren Anekdoten inspirieren lassen. Entstanden ist eine lebendige Wandmalerei, deren einzelne Elemente sogartig in die Ferne ziehen. Da thront eine chinesische Winkekatze und ist eine russische Matrjoschka zu sehen. Genauso wie eine Balalaika, eine Pizza, eine afrikanische Maske und einer der Nürnberger Türme.

Tizer, Shucks und Relay aus London sind drei weitere Größen der StreetArt-Szene, die für die wbg aktiv wurden. Sie nahmen sich die zu den Mehrfamilienhäusern gehörenden Tiefgarageneinfahrten vor. Auf deren eintönigen Beton pinselten sie extravagante Farbexplosionen. So haben auch sie ihren ganz eigenen Stil verewigt, der sich durch einen typischen, futuristischen Charakter auszeichnet. Das Motto ihrer Bilder lautet, passend zu Langwasser: "Multikulturell und verschieden wächst zusammen". Der Schriftzug "Together" - zusammen - steht im Mittelpunkt des einen Werkes, während es beim anderen "Diversity" - Vielfalt - ist. So steht man beispielsweise einem dunkelhäutigen Astronauten gegenüber, der für Deutschland im Weltall unterwegs ist, genauso wie einem Roboter aus anderen Sphären und einer inmitten einer Kraterlandschaft platzierten sexy Dame auf offenbar geheimer Mission.

Detaillierte Absprachen zur Art und Umsetzung der Wandmalereien hat es dem wbg-Architekten Behmer zufolge nicht gegeben. "Die künstlerische Freiheit war groß." Entstanden sind die Gemälde im August des vergangenen Jahres, innerhalb einer Woche. Der Aufwand dafür war groß. Denn um die gesamte Fläche bunt zu bekommen, musste die entsprechende technische Ausrüstung beschafft werden, unter anderem ein Hublader. Mit dem ging es für die Künstler dann in die Höhe.

Damit möglichst viele Bürger auf die StreetArt aufmerksam werden, ist laut Behmer unter anderem die Ausarbeitung eines "Betonliebe-Rundwegs" per Rad angedacht, der auch die wbg-Objekte mit einbezieht. Außerdem sollen die Ergebnisse des Projekts im Rahmen der nächsten "Stadtverführungen" präsentiert werden.

Text und Fotos: Nina Daebel


INFOS: Projektleitung "Betonliebe": Miriam Fuggenthaler Tel. 0911 - 231-15708 Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. www.betonliebe.nuernberg.de