Sich niederlassen bei Friedrich Schiller – oder „Strebe nach Ruhe“
Gut 19 Hektar ist der Stadtpark im Norden der Altstadt groß. Spielplätze, Bewegungspark, Boulefläche, Bäume, Enten, Schwäne und Kulturdenkmäler laden zu Aktivität und Besinnlichkeit ein. Und ausruhen kann man im Schatten der alten Bäume auf einer der Liegen wunderbar. Oder auch bei einem Kaffee in einem der Gastronomiebetriebe. Oder ganz für sich auf einer steinernen Bank
Ganz für sich? Nein, das ist hier eher nicht der Fall. Hier sind Sie in illustrer Gesellschaft. Kein geringerer als Johann Christoph Friedrich Schiller ist Ihr Nachbar, wenn Sie sich auf der Bank aus Muschelkalk niederlassen. Über 100 Jahre grübelt er nun schon in die Ferne blickend auf seinem Marmorrelief. Vielleicht studiert er auch nur die Speisekarte eines der Cafés im Stadtpark? Gleich möchte man sich zu diesem feschen lockigen Mann setzen, der Kniebundhose trägt, sein Hemd locker geöffnet hat und den Mantel cool am Boden schleifen lässt.
Der Stadtpark blickt auf eine belebte Geschichte zurück. Von nicht gesicherten Thesen zum Judenbühl, über einen Ort für Exerzier- und Schießübungen, Platz für Kuhweiden, Holzlager, politische Zusammenkünfte und Nürnbergs erste Ballonfahrt bis hin zu Volksfest und Deutschlands erstem Sängerfest. All dies und noch viel mehr spielte sich gegenüber der heutigen Reformations-Gedächtniskirche ab. Der Erholungsort wandelte sich von geometrisch angelegten Baumreihen zu einem englischen Landschaftspark, wurde im 2. Weltkrieg komplett zerstört, danach noch einmal errichtet und soll auch jetzt wieder den Bedürfnissen unserer Zeit angepasst werden.
1905 jährte sich Schillers Todestag zum 100. Mal. Der Poet wurde überall als „Nationaldichter“ gefeiert, und allen Ortens errichtete man Denkmäler für ihn. In Nürnberg fand sich immerhin eine Gedächtnisbüste im Irrhain. Für mehr fehlte das Geld. Bis Kommerzienrat Johannes Grasser ein Einsehen hatte mit dem Schreiberling und eine Denkmalanlage im Denkmalpark finanzierte. Weil Grasser Mitinhaber der Bleistiftfabrik Lyra war, ziert eine solche auch das Schiller-Relief. Die Stadt machte sich sogleich an die Auslobung eines Künstlerwettbewerbs. Doch kein Entwurf genügte. Drei Anläufe brauchte es, bis schließlich die Bildhauer Adolf von Hildebrand und Architekt Carl Sattler mit ihrer Idee überzeugen konnten. 1909 – wenigstens noch pünktlich zum 150. Geburtstag Schillers - konnte das Bauwerk aufgestellt werden.
Ausruhen und den Dichterfürsten dabei in der eigenen Mitte haben. Eine schöne Vorstellung, die hier umgesetzt wurde. Ein halbrundes Mäuerchen bildet das Denkmal, in dessen erhöhter Mitte das Relief prangt. Und auf welchem Denkmal darf man schon ganz offiziell sitzen? Hier dürfen Sie es. Die Theatermasken erinnern an die Bühnenwerke, die Schiller schuf. Dazu gesellen sich als Zeichen der Freude eine Panflöte und Trauben sowie als Zeichen der Wehrhaftigkeit ein Schwert und eine Pistole.
Bevor Sie nun aufbrechen, um sich bei Schiller auszuruhen: Schauen Sie noch mal nach, ob Sie nicht noch ein Reclam-Heftchen mit „Kabale und Liebe“ oder „Die Räuber“ haben. Wo lässt es sich schöner darin schmökern als beim Meister selbst? Wenn Sie lieber die Augen schließen möchten, dann lassen Sie sich von Ihrem Smartphone „Das Lied von der Glocke“ vortragen. Fest gemauert in der Erden / Steht die Form, aus Lehm gebrannt...
Text: Erika Wirth
Quellen: u.a.: Maas, Herbert: Nürnberg Geschichte und Geschichten. Nürnberg 1999
Stadt Nürnberg: Vom Judenbühl zum Maxfeld; Nürnberg 2004
Tschoeke, Jutta: Nürnberger Spazierplätze. Ausstellungskatalog der museen der stadt Nürnberg, Nürnberg 2008
Diefenbacher, M. und Endres, R.:
Stadtlexikon Nürnberg, Nürnberg 2000