Unternehmenssprecher Dieter Barth verabschiedet sich
Der Leiter der Unternehmenskommunikation, Dieter Barth, hatte am 1. Januar 1991 bei der wbg angefangen und war deren erster Öffentlichkeitsarbeiter. Im Interview erinnert er sich an wichtige Situationen und Stationen, dabei fallen ihm Namen, ganze Sätze und Szenen aus 34 Jahren ein. Sogar von Glück spricht er: „Es war ein großes Glück, dass ich mir nie Sorgen machen musste um die Existenz meines Arbeitgebers – die wbg ist ein gut aufgestelltes, gesundes Unternehmen.“
Wie sind Sie zur wbg gekommen?
Ich hatte eine Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann absolviert und dabei schon erste Erfahrungen im Marketing und Vertrieb machen dürfen. 1980 wechselte ich zu meiner bereits vorhandenen ehrenamtlichen Tätigkeit auch hauptamtlich zum Roten Kreuz. Dort habe ich zunächst Essen auf Rädern ausgefahren, war in der Krankentransportabrechnung und in der Mitgliederverwaltung. Zum 1. Januar 1981 habe ich dann das neu geschaffene Pressereferat übernommen. Ich war damals einer von drei Pressereferenten, die das BRK in ganz Bayern hatte. Der Lokalchef der Nürnberger Nachrichten, Walter Schatz, hat mir die Abläufe in den Redaktionen nahegebracht, dazu kamen Seminare und Lehrgänge an der Landes- und der Bundesschule des Roten Kreuzes.
Bei der wbg hatten Sie sich blind beworben?
Ja, es gab keine Stelle, keine Ausschreibung – und ich wurde eingestellt! 1991 habe ich als „Mitarbeiter der Direktion für Öffentlichkeitsarbeit“ angefangen. Auch hier gab es vorher nichts. Somit hatte ich zweimal das Glück, etwas aufbauen zu dürfen. Das hat den Vorteil, dass man nie an seinem Vorgänger gemessen werden kann.
Wie sah Ihr Aufgabengebiet aus?
Am Anfang war es nicht so einfach. Ich war in der Direktion platziert – was damals was Besonderes und gleich mit Status verbunden war. So gab es erhebliches Erstaunen, als ich um eine Schreibmaschine bat. Alle dachten, dem sitzt doch eine Sekretärin gegenüber. Aber sie war ja nicht meine. Nach einigen Diskussionen habe ich „meine“ Maschine dann bekommen.
Die Hierarchie war augenscheinlich sehr ausgefeilt.
Nach sechs Wochen wurde ich zum damaligen Geschäftsführer gebeten, der mir dann seine Philosophie von meiner Aufgabe erklärte: Der beste Zeitungsartikel sei der, der überhaupt nicht erscheine. Ich war ratlos, denn beim Roten Kreuz hatte ich zehn Jahre lang jeden Tag darüber nachgedacht, was ein Thema sein könnte, mit dem ich den Verband in die Medien bringen könnte. Gerettet hat mich eine Kollegin, die schon 15 Jahre in der Direktion gearbeitet hatte mit den Worten: „Machen Sie sich nichts draus, machen´S Ihr Ding!“.
Was war denn dann „Ihr Ding“ in der Anfangszeit?
Ende 1990 war in Deutschland die Wohnungsgemeinnützigkeit abgeschafft worden, die wbg änderte ihren Namen. Von der „Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Nürnberg“ wurde sie zur „Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Nürnberg“ – die Änderung des Erscheinungsbildes war meine erste Aufgabe, zudem habe ich unseren Auftritt bei der Immo-Messe in Nürnberg organisiert und war für den Geschäftsbericht zuständig. Die erste richtige Presse-Anfrage kam zum Irak-Krieg.
Aber was hat denn die wbg mit dem Irak-Krieg zu tun?
Die Friedensbewegung hatte im Zweiten Golfkrieg - im Januar 1991 bombardierten die USA Kuwait – dazu aufgerufen, als Protest gegen den Krieg weiße Betttücher aus den Fenstern zu hängen. Was dann ein Hausverwalter am Nordostbahnhof unter Berufung auf die Hausordnung eigenständig untersagte: Betten durften nicht zum Lüften aus dem Fenster gehängt werden. Umgehend rief der Stadtanzeiger an und stellte die Frage: „Die wbg ist wohl für diesen Krieg?“ Da wird einem heiß und kalt. Aber mit einer kleinen Not-Schwindelei konnte ich das klären, die Bettlaken durften wieder wehen. Im Artikel stand dann „der wbg-Sprecher Dieter Barth“ – am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf vom Chef, denn für die wbg spreche doch er, sagte er. Solche Sachen vergisst man nicht!
Sie haben als Einzelkämpfer begonnen, leiten jetzt ein Team. Wie hat sich das entwickelt?
In den ersten vier Jahren hatte ich eine schöne, aber zum Teil langweilige und wenig fordernde Tätigkeit. Wer mich kennt, weiß: Ich bin einer, der versucht, was zu bewegen. Wenn sich nichts ändert, dachte ich damals, muss ich mir was anderes suchen.
Es änderte sich etwas: Im Januar 1995 kam ein neuer Chef: Peter H. Richter.
Ihm hatte ich dann zu berichten und eine Liste erstellt, was aus meiner Sicht alles gemacht werden sollte. Peter Richter sagte dann: Gehen Sie davon aus, dass alles gemacht wird. Machen Sie eine Priorisierung, Sie kriegen ein Budget. So haben wir die erste Wir für Sie im Februar 1996 herausgegeben. Seither erscheint sie viermal im Jahr. Von Anfang an, also seit 30 Jahren, wird das Magazin von Anja Mittra und ihrer Werbeagentur gestaltet.
Die Zusammenarbeit mit Peter H. Richter war intensiv?
Er war ein Chef, von dem ich viel gelernt habe, der fordernd war und manchmal auch nicht einfach. Ich habe von ihm alle Freiheiten bekommen, die ich brauchte. Er hat immer zu mir gehalten. Ich konnte das Konzept für unser Kundenmagazin Wir für Sie gegen alle Skepsis im Haus umsetzen. Und als das Internet aufkam, war die wbg eines der wenigen großen Unternehmen unserer Branche, das schon Ende 1996 einen eigenen Auftritt hatte. Im gleichen Jahr bekam ich ein eigenes Büro und meine erste Mitarbeiterin. Wir haben das Erscheinungsbild der Unternehmensgruppe erneuert und vieles hat sich einfach immer dazu entwickelt.
Was hat die Digitalisierung der Kommunikation verändert?
Ich habe lange überlegt, ob wir Social Media machen, ähnlich wie meine Kolleginnen und Kollegen von VAG, N-ERGIE und Sparkasse. Aber irgendwann war klar, wir fangen mit Facebook an, dann kam Instagram und schließlich TikTok. In unserer Branche waren wir auch eines der ersten Unternehmen. Wir bespielen alle Kanäle, denn wir erreichen auf ihnen unterschiedliche Zielgruppen. Dann wurde aber auch klar: Wir brauchen einen Social Media-Manager.
Wie groß ist heute das Team der Unternehmenskommunikation?
Julia Römers Aufgabe sind die wbg-Webseiten, Pia Gräser kümmert sich um die Verwaltung inklusive Budget, Aufträge, Rechnungsprüfung, Einladungen und vieles mehr, Julian Wachtler ist für die gesamte digitale Kommunikation und für alle Plattformen zuständig, Meike Schulig hat viele Gestaltungsaufgaben und ist für die Mitarbeiterzeitung verantwortlich. Dazu kommt mein Nachfolger Philip Hauck, der Schritt für Schritt meine Aufgaben übernimmt, also die Verantwortung für die Abläufe und die Organisation, Eventmanagement und die Wir für Sie. Derzeit haben wir auch eine richtig gute Werkstudentin, Catrin Töllner, die uns super unterstützt.
In anderen Unternehmen sind die Aufgaben verteilt: Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Mitarbeiterzeitschrift ist oft in der Personalabteilung angesiedelt. Warum ist das bei der wbg anders?
Ich habe immer größten Wert daraufgelegt, dass alles bei der Unternehmenskommunikation bleibt. Da gibt es wenig Schnittstellen, die Entscheidungen fallen schnell. Natürlich stimmen wir uns eng mit anderen Organisationseinheiten, wie Personal oder Bauträger, ab.
Haben Sie als Pressesprecher der wbg jemals einen GAU erlebt?
Ich persönlich hatte keinen Unfall, aber es gab zwei Themen, die mich beschäftigt haben. Das eine erwuchs aus einem Bilanzpressegespräch: Zu den Aufgaben der NORIMA gehörten auch Finanzdienstleistungen. Sie hatte an die wbg Kredite vermittelt und Provisionen erhalten, ein üblicher Vorgang. Doch ein Redakteur witterte einen Skandal und berichtete wochenlang negativ. Zwei Gutachten, die uns freisprachen, wurden in Frage gestellt.
Das andere war ein Bericht von „Report“, der sich um den Wohnungsbau in Laufamholz drehte. Dort hatte ein von uns beauftragtes Unternehmen Subunternehmer beauftragt, die ihre Arbeiter in Containern unter unwürdigen Bedingungen untergebracht hatten und sie schlecht bezahlten. Gegen meinen Rat hat der Geschäftsführer einem Fernsehsender ein Interview gegeben, das voller Vorwürfe war und bei dem er nicht einmal ausreden durfte. Ein Fiasko ohne Ende. Das gehört auch dazu – ist aber Gott sei Dank in 34 Jahren nur zweimal vorgekommen.
Sie haben und hatten als Pressesprecher auch eine Puffer-Funktion?
Zu meinen Aufgaben gehört es, der Geschäftsführung den Rücken freizuhalten und möglichen Schaden frühzeitig zu erkennen. Geschäftsführer Frank Thyroff hat zum Abschied gesagt, dass er sehr dankbar sei, dass ich ihn in 15 Jahren immer davor bewahrt habe, dass er negativ in die Zeitung kam.
Wenn Sie die Gedanken schweifen lassen, woran erinnern Sie sich gern?
Das Highlight war tatsächlich im Jahr 2018 unser 100-jähriges Jubiläum. 2016 gab es ein erstes Gespräch, bei dem ich der Geschäftsführung drei Veranstaltungen vorschlug: eine für die Mitarbeiter, eine für die Kunden und einen Festakt am Gründungstag. Die beiden Geschäftsführer Frank Thyroff und Ralf Schekira reagierten positiv und baten mich, die Kosten zu ermitteln und eine Vorlage für den Aufsichtsrat zu erstellen.
Was wurde daraus?
Wir haben unendlich viel gemacht – ein Maskottchen kreiert, eine Straßenbahn beklebt, eine Jubiläums-Zeitung als Beilage zur Tageszeitung erstellt. Dazu haben wir für die Kunden ein Jubiläumskonzert, eine Kooperation mit dem Tiergarten und mit der Leichtathletikmeisterschaft gestemmt, am Flughafen ein Mitarbeiterfest und einen Festakt in der Meisterhalle gestaltet.
Eine echte Herausforderung, aber was hat das Hundertjährige für Sie zur besonderen Erfahrung gemacht?
Wir haben uns so viel ausgedacht und vorgenommen – und meine Chefs haben uns einfach machen lassen. Das Vertrauen, das die Geschäftsführung in mein Team und mich hatte, berührt mich heute noch.
Über die vielen Jahre: Was waren die größten Veränderungen?
Die erste war, dass ich ab 1995 plötzlich habe machen dürfen, die zweite war das Aufkommen der digitalen Medien und die dritte ist die Digitalisierung des Unternehmens. Wo früher jede Rechnung zwei Unterschriften brauchte, wird sie durch ein ausgeklügeltes System geprüft. Für mich ist jetzt der Punkt erreicht, dass ich sage: Es ist einfach gut.
Welche Auswirkung hat die Digitalisierung auf Ihre Arbeit als Pressesprecher?
Sie ist mit dem Niedergang der Printmedien verbunden. Wenn ich in den Ruhestand gehe, bin ich mit 45 Dienstjahren wahrscheinlich der dienstälteste Pressesprecher der Region, davon 34 bei der wbg. Wenn ich in den ersten Jahrzehnten eine Pressemitteilung verschickt habe, konnte ich mich darauf verlassen, dass am gleichen Tag ein Anruf aus der Lokalredaktion kam. Ich musste streng darauf achten, dass alle gleichzeitig informiert wurden, um keinen zu bevorzugen. Heute gibt es viele Redaktionen nicht mehr und eine Pressemitteilung geht selten noch aktuell mit. Diese Veränderung beschäftigt mich ständig. Ich frage mich: Wenn die Presse, die sogenannte vierte Gewalt im Staat, nicht mehr agiert, und nichts mehr hinterfragt wird, was passiert dann? Als Pressesprecher könnte sich sagen, so ein schönes Leben habe ich noch nie gehabt. Aber meiner Grundeinstellung nach ist das völlig falsch. Es braucht die neugierigen und auch kritischen Medien
Neben der Kommunikation nach außen ist auch die nach innen wichtig. Welche Rolle spielt sie?
Als ich angefangen habe, hatte die wbg 200 Mitarbeiter – davon über 100 allein im Regiebetrieb. Wir hatten alle Gewerke bis auf Elektriker, ab 1995 wurde dieser abgebaut und die Arbeiten vergeben. Ich hätte mir das anders gewünscht, denn unsere Handwerker waren ein wunderbares Aushängeschild für das Unternehmen mit hohem Imagewert. So ein Image kann ich mit viel Geld in der Öffentlichkeitsarbeit nicht herstellen.
Heute hat die wbg 400 Mitarbeiter, die Telefonie, der Bauträger und die WBG KOMMUNAL sind auf andere Standorte verteilt. Wie wichtig ist die interne Kommunikation für den Zusammenhalt?
Wenn wir die interne Kommunikation nicht hätten, würden wir alle deutlich weniger erfahren. Das Homeoffice erschwert diese Aufgabe auch weiter. Bei jeder Betriebsveranstaltung lerne ich neue Leute kennen. Deshalb haben wir zusammen mit der IT ein Social Intranet namens Flurfunk aufgebaut. Es funktioniert wie Facebook und erfreut sich zunehmender Relevanz. Wir stellen hier alle Veröffentlichungen über die wbg ein und jeder kann sich die Informationen holen, wann er will.
Viel Neues. Welche Herausforderungen wird Ihr Nachfolger meistern müssen?
Wir müssen eigene Reichweiten generieren. Früher war die Zeitung das Nonplusultra, um unsere Botschaften an die Leute zu bringen. Heute sind Social Media und eigene Medien wie unsere App der Weg, den wir gehen. Wir sind ein Unternehmen, das sehr viel macht in der Stadt – und das müssen wir verbreiten. Bekanntheit erreicht man mehr und mehr über digitale Reichweiten. Irgendwann wird es wohl auch kein gedrucktes Kundenmagazin mehr geben. Das ist eine ständige Herausforderung: die medialen Veränderungen zu beobachten und richtig zu reagieren.
Was werden Sie ab dem 1. März machen?
Formell gehe ich am 28. Februar 2025 in Rente und räume meinen Platz in der Unternehmenskommunikation, aber ich scheide noch nicht aus. Ich werde, dann in Teilzeit, noch verschiedene Projekte begleiten und ein paar kleine Aufgaben übernehmen. Ansonsten habe ich einige Ehrenämter: Ich bin Vorstandsvorsitzender der Nürnberger Symphoniker, Schatzmeister im Presseclub Nürnberg, im Literaturhaus und im Förderverein der Allianz gegen Rechtsextremismus sowie Kassenprüfer bei der Bürgerbewegung für Menschenwürde in Mittelfranken. Gerne würde ich auch weiterhin im Beirat der Tiergartenfreunde mitmachen.
Ihr Schlusswort?
Ich bin sehr dankbar für die Zeit bei der wbg Nürnberg. Das Unternehmen ist ein starker Arbeitgeber, für den ich sehr gerne und mit viel Herzblut gearbeitet habe. Ich denke gerne an die vielen Begegnungen mit unseren Mieterinnen und Mietern, von denen ich mich an dieser Stelle verabschiede. Viele wohnen ja seit Jahrzehnten bei der wbg und zeigen damit: Es lässt sich hier nicht nur gut arbeiten, sondern auch gut wohnen. Alles in allem eine schöne Zeit. Es war mir eine Ehre, diese mitgestalten zu dürfen.
Interview: Gabriele Koenig




Das 20-jährige Dienstjubiläum.

2021: Aushändigung des Ehrenzeichens des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste im Ehrenamt mit Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder.
