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Spiel doch mal!

Exoten am Bau: Die Landschaftsarchitektin Claudia Zimmermann gestaltet Spielhöfe an Schulen

Zu jeder Schule gehört? Ein Hof. Der triste Schulhof von einst existiert nicht mehr, die Spielhöfe für neue Schulen werden von Landschaftsarchitekten gestaltet. Claudia Zimmermann hat sich darauf spezialisiert. Teil drei unserer Reihe über die Exoten am Bau.

Ein Spielhof ist gelungen, wenn man das Gefühl hat, es war schon immer so“, sagt Claudia Zimmermann. Damit sich diese Vertrautheit einstellen kann, muss ein langer Prozess der Analyse, des Planens, Überdenkens und schließlich der Umsetzung vorausgehen.

Phase eins: Die Analyse. Wenn Claudia Zimmermann und Florian Birke, die 2006 ein gemeinsames Büro in Berlin gegründet haben, sich an einer Ausschreibung beteiligen, reisen sie zunächst zur Ortsbesichtigung. Beispielsweise nach Nürnberg, wo sie für die WBG KOMMUNAL schon die Außenanlagen der Gretel-Bergmann-Schule in Langwasser gestaltet und die Höfe für den Neubau der Bertolt-Brecht-Schule geplant haben. Aktuell arbeiten sie am Neubau des Neuen Gymnasiums.

Stets fragen sie: Welche Stärken besitzt dieser Ort, welchen Geist atmet er? Wie ist das Umfeld? Wer werden die künftigen Nutzer sein? Für Kleinkinder in Kindergärten ist der Übergang in den Garten eine kritische Situation, Oberstufenschüler dagegen suchen Rückzugsräume (In Klammern: Wo auch mal geraucht oder ungesehen geknutscht werden kann...). „Unser Ziel ist aber immer, verschiedene Räume anzulegen“, sagt Claudia Zimmermann, so dass Kinder und Jugendliche allein spielen können, dass aber auch kleine wie große Gruppen „ihren“ Platz und ein Angebot finden. Klettergerüste für die Jungs und Spielhütten für die Mädchen beispielsweise.

Doch so weit ist noch nicht, denn nach der Analyse stellen Birke und Zimmermann das Vorgefundene auf den Kopf. „Was fehlt?“, fragen sie, und welche Strukturen könnte der Eingriff der Landschaftsarchitekten hier schaffen. Es entsteht ein Vorentwurf, der mit Ideen spielt und doch schon ganz konkret Wege, Sitzgelegenheiten und Spielgeräte zeigt.

An feste Regeln müssen sich Claudia Zimmermann und ihre Berufskollegen dabei vor allem halten, wenn sie für die Kleinsten planen. TÜV und DIN-Normen regeln beispielsweise Abstände, Maximalhöhen und Fallschutz. Bei den Älteren kommen Unfallverhütung und Barrierefreiheit ins Spiel. „Für die Bertolt-Brecht-Schule haben wir Kletterfelsen und eine Kletterskulptur geplant“, berichtet Zimmermann. Sie sind eine Gemeinschaftsproduktion. Denn immer besprechen die Planer den Vorentwurf mit dem Bauherrn und dem Lehrerkollegium, bevor ein zweiter Entwurf in die Genehmigungsphase geht. Eine Baugenehmigung muss eingeholt, eventuell Bäume gefällt und die Wasserbehörden angefragt werden, die Nutzungsänderung beantragt und Versicherungsfragen geklärt werden. Erst dann geht es an die Ausführungsplanung. Die Landschaftsarchitekten fertigen eine detaillierte Zeichnung mit Maßen und Details, Abstände und Materialen werden festgelegt.

Und worauf stehen Kinder? „Wir beteiligen sie oft in einem Workshop oder bitten um Zeichnungen aus den Klassen“, erzählt Claudia Zimmermann. Aus Erfahrung weiß sie: Die klassische Rutsche und die Schaukel landen weit abgeschlagen. Am liebsten mögen Kinder Kletterpfade, die sie entdecken können und die überraschend sind – nicht nur beim ersten Mal. Jugendliche dagegen lieben Sitzgruppen „fernab“ auf dem Berg oder um die Ecke; sie finden „Schnickschnack“ überflüssig und kommen gut mit nacktem Beton zurecht. 

Doch solches Wissen allein „macht“ noch keinen Platz, den Menschen nutzen wollen und auf dem sich Menschen gern aufhalten. „Materialien können die Atmosphäre stark beeinflussen“, sagt die Architektin. Holz, Stahl, Beton wirken ganz unterschiedlich, ebenso die Form. Sollen organische Rundungen dominieren oder die Anlagen eher Kante zeigen? Und wie korrespondieren die Anlagen mit dem Gebäude?

Kontraste findet Claudia Zimmermann reizvoll, zum Prinzip macht sie sie nicht. „Ich kämpfe für Materialien wie Rohstahl und geriffeltes Blech, aber oft schränken uns Sicherheitsbedenken ein.“ Als Spielplatzplanerin stelle sie Ideen und Expertise bereit, aber „die Entscheidung muss treffen, wer die Verantwortung trägt“. Und manche Entscheidungen werden Planern und Bauherren ja auch abgenommen. „Wir versuchen, das so grün wie möglich zu machen. Aber wo starker Nutzungsdruck herrscht, hat Rasen keine Chance“, sagt Claudia Zimmermann. Dazu kommt: Sträucher dürfen nicht giftig sein und sollen keine Dornen haben, Bäume müssen die besonderen Bedingungen und das Mikroklima einer Schule aushalten.

Wie spannend ihre Arbeit ist, war Claudia Zimmermann anfangs nicht bewusst. „Ich hatte Kunst und Biologie als Leistungskurse, Landschaftsarchitektur war nicht mein großer Traum.“ Aber jetzt fühlt es sich für die Mittvierzigerin an, als wäre ihr Beruf es immer schon gewesen.

Text: Gabriele Koenig

Claudia Zimmermann

Fotos: Wolfgang Schmitt; birke zimmermann landschaftsarchitekten