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Lager, Laden und Logistik

Edeltraud Rager ist der Motor, der antreibt. Sie ist die gute Seele, die alles zusammenhält und motiviert. Sie ist Netzwerkerin und Spendensammlerin, behält den Überblick und ist stets präsent. Ihr Tag beginnt früh: Um 6.30 Uhr ist sie die Erste in der Sigmundstraße 139. Hier liegt die Schaltzentrale der Tafel Nürnberg mit Lager, Laden und Logistik. 

Seit 2017 ist Rager deren Leiterin. Ihr zur Seite steht Johannes Stieg als Stellvertreter. In ihrem gemeinsamen Büro gibt es Orchideen und andere Grünpflanzen, viele Aktenordner sowie hin und wieder ein Stück Kuchen.

Ihr Arbeitspensum ist enorm. Vor 18 Uhr schließt Rager kaum die Tür hinter sich. Sie kommt als Erste und geht als Letzte. Ganz selbstverständlich und alles auf freiwilliger Basis. Denn für Rager ist die Leitung ein Ehrenamt. Als sie vor nunmehr drei Jahren in Rente ging, zog sie nahtlos von einem Büro ins andere. „Ich habe damals nicht absehen können, dass das eigentlich ein Fulltime-Job ist.“ Dass es nun so ist, stört sie aber auch nicht.

Sie schätzt es, bei der Tafel all ihre beruflichen Erfahrungen einbringen zu können. Zuletzt war sie als Einrichtungsleitung der beiden Nürnberger Pflegeheime tätig, die vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) betrieben werden. Das übrigens seit 2016 auch Träger der Tafel ist. Außerdem liebt Rager ihr Team. Viele der Mitarbeiter hätten einen Sprachfehler, betont die Leiterin scherzhaft und lacht. „Sie können nicht NEIN sagen.“ Außerdem lobt sie das stets „schöne Miteinander“ innerhalb der Mannschaft, und dass auch die Zusammenarbeit der Generationen reibungslos funktioniere. So würden die Älteren die Jungen nicht belehren wollen, wie dies sonst oft der Fall sei. Man arbeite auf Augenhöhe und ergänze sich gegenseitig. Das zu beobachten, sei wunderbar.

Dass die Senioren im ehrenamtlich tätigen Tafel-Team überwiegen, ist Rager zufolge schlichtweg dem Faktor Zeit geschuldet. Einige hätten davon einfach viel zu viel und würden sie gerne sinnvoll einsetzen. Wer jung sei, mitten im Berufsleben stehe, die Karriere noch vor sich habe und eine Familie gründen wolle, der hätte Freizeit hingegen meist nur selten in ausreichendem Maße. Deswegen seien nur wenige dazu bereit, sich nebenher noch bei der Tafel einzubringen. Das entmutigt die Leiterin jedoch keineswegs. Denn es gebe durchaus immer wieder Engagierte. „Man muss sie nur finden.“

So wie Sandra Hammer. Sie steht in der Küche an einem überdimensionierten Kochtopf voller Kartoffeln, wie man ihn in Großküchen findet. Ihre Aufgabe: den Kartoffeln mit einem Messer die Pelle abziehen. Hammer wohnt in Neustadt an der Aisch und arbeitet hauptberuflich in der wenige hundert Meter entfernten Hotel-Pyramide in Fürth. Bei der Tafel unterstützt sie, so oft es ihre Zeit zulässt. Meist wird sie als Springer immer dort eingesetzt, wo gerade Hilfe benötigt wird. „Dass Lebensmittel hier eine zweite Chance bekommen, finde ich absolut lobenswert“, betont sie.

Jesse Tootle, gelernter Koch, ist immer dienstags und donnerstags im Einsatz und gehört ebenfalls zu den Jüngeren im Team. Er kocht für die Suppenküche, in der es seit zwei Jahren für 1,50 Euro eine Suppe, ein Hauptgericht und Nachtisch gibt. Kaffee und Kuchen stehen ebenfalls bereit. Momentan wird das Angebot allerdings nur wenig nachgefragt. „Der Essens-Bereich sieht noch provisorisch aus und dient teilweise als Zwischenlager“, sagt Rager. Doch das soll sich ändern. Das Ziel: Es soll gemütlicher werden und einladender, so dass man gerne verweilt, um sich ein gutes Essen schmecken zu lassen. Dass dies zeitnah gelingen möge, hofft auch Peter Fröhlich, der ebenfalls in der Küche unterstützt und aus seinen Lebensweisheiten schöpft. So habe schon seine Großmutter gewusst: „Wir können über alles reden, aber nicht, wenn die Menschen Hunger haben.“

Seit 2002 gibt es die Nürnberger Tafel nun schon. Momentan versorgt sie rund 9 500 Kunden. Während der Ukraine-Krise stieg die Zahl zeitweise auf rund 11 000. Vor dem einschneidenden Ereignis waren es etwa 5500. „Uns hat der Krieg und seine Folgen völlig überrollt. Es war Chaos pur, wir haben einfach nur gemacht und neben dem Verteilen der Lebensmittel noch zusätzlich bis zu 1 400 Mahlzeiten für die Geflüchteten produziert“, erinnert sich Rager.

Rund 300 Ehrenamtliche sind regelmäßig im Einsatz. Sie sortieren und verteilen die eingesammelten Lebensmittel oder schaffen sie herbei, indem sie Bäckereien, Supermärkte und den Großmarkt anfahren. Allein mit den aktuell sieben Kühl-Sprintern werden pro Woche rund 20 Tonnen Lebensmittel gesammelt. So sind insgesamt 12 Helfer ausschließlich dafür da, die einzelnen Stationen regelmäßig abzufahren.

Den Lieferdienst für Alte und Kranke musste Rager schweren Herzens einstellen. „Wir haben zum Herrichten der Kisten und zum Ausfahren nicht genügend Leute, die das zusätzlich übernehmen könnten.“ Denn nicht jeder Kunde dürfe alles essen. So hätte jede Kiste individuell gepackt werden müssen. „Eine Riesenarbeit“, betont Rager und verweist darauf, dass dieses Angebot zu viel personelle Kapazitäten gebunden hätte, die für andere Aufgaben dringender gebraucht worden seien. Dass diese Aufgaben mitunter schwerer und herausfordernder sind als gedacht, betont Rager ausdrücklich. Manch einer sei motiviert und mit den allerbesten Vorsätzen zu ihnen gekommen und hätte dann erst gemerkt, dass die Praxis nicht seinen Vorstellungen entspricht. „Es muss mitunter schwer gehoben werden, was körperlich nicht für jeden zu schaffen ist“, erklärt sie. Und wer bei der Ausgabe eingeteilt sei, müsse schon mal bis zu fünf Stunden stehen. Auch das sei nicht für jeden leistbar.

Einkaufen kann bei der Tafel jeder, der dazu berechtigt ist. Das sind vor allem diejenigen, deren monatliches Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überschreitet - abhängig davon, wie viele Personen im jeweiligen Haushalt leben und versorgt werden müssen. Rager betont in diesem Zusammenhang vor allem eines: „Es gibt keinen Anspruch darauf, die Tafel zu nutzen. Wer das glaubt, irrt.“ Die Tafel sei kein Grundversorger, sei nicht Teil des Sozial-Systems und kein Ersatz für staatliche Leistungen. Der Sinn und Zweck der Tafeln in Deutschland sei seit jeher die Rettung von Lebensmitteln, betont die Chefin. Das sei der ursprüngliche Grund für die Gründung der Tafeln gewesen.

Deswegen ist sie auch strikt gegen den Zukauf von Lebensmitteln. „Das würde dem Grundgedanken eklatant widersprechen“! Trotzdem müsse immer mal wieder mit Kunden über den Sinn und Zweck des Mindesthaltbarkeitsdatums diskutiert werden oder darüber, warum es in der einen Woche mal weniger von dem einen Lebensmittel gibt und dafür in der nächsten wieder mehr. „Wer keine Tafel in der Nähe seines Wohnortes hat und zum Beispiel auf dem Land wohnt, muss ja auch zurechtkommen“, sagt Rager. Die Tafel sei immer nur als Ergänzung gedacht, „die das tägliche Leben leichter machen soll“.

Damit die Organisation von Lager, Laden und Logistik funktioniert, ist aber nicht nur der Einsatz des Tafelteams notwendig. „Wir sind auf Spenden angewiesen, um all das am Laufen zu halten“, betont die Leiterin. Vor allem die Betriebs- und Energiekosten würden immer wieder ein großes Loch in die Kasse der Einrichtung reißen. „Bisher hat es immer geklappt, auch wenn es nicht immer einfach ist. Deswegen schauen wir positiv in die Zukunft.“ Dankbar sei man für all die verlässlichen Partner, die der Tafel regelmäßig finanziell unter die Arme greifen. Dazu gehöre auch die wbg Nürnberg. Von der wbg 2000 Stiftung gab es zum Beispiel insgesamt 10 000 Euro für die Gestaltung und Ausstattung der neuen Räumlichkeiten in der Sigmundstraße, die vor rund zwei Jahren bezogen worden waren. In Ragers Büro erinnert ein Plakat an die großzügige Spende. Es hängt genau in ihrem Blickfeld und erinnert sie immer wieder daran, dass es Menschen und Firmen gibt, die fest hinter der Tafel stehen und sie nicht allein lassen, wenn es mal wieder eng werden sollte.

Ausgabestellen der Nürnberger Tafel (Stand. 07/2023)

Montag: Tafelzentrum Sigmundstraße 139 · 90431 Nürnberg, Grolandstraße 69 · 90408 Nürnberg (Pfarrzentrum St. Martin)

Dienstag: Tafelzentrum Sigmundstraße 139 · 90431 Nürnberg, Wartburgstraße 18 · 90491 Nürnberg (Pfarrzentrum St. Lukas) - Ausweichadresse für Nunnenbeckstraße

Mittwoch: Namslauer Straße 9 · 90473 Nürnberg (Pfarrzentrum zum Guten Hirten/Langwasser)

Donnerstag: Tafelzentrum Sigmundstraße 139 · 90431 Nürnberg, Jakobsplatz 17 · 90402 Nürnberg (Pfarrzentrum St. Elisabeth)

Freitag: Tafelzentrum Sigmundstraße 139 · 90431 Nürnberg, Wartburgstraße 18 · 90491 Nürnberg (Pfarrzentrum St. Lukas)

Anmeldungen von Neukunden jeweils am Ausgabetag zwischen 10.00 Uhr und 12.00 Uhr, Ausgabe von Lebensmitteln ab 12.00 Uhr bzw. 13.00 Uhr (nach ausgegebenem Zeitplan).

Voraussetzung für den Einkauf ist das Vorliegen von Bedürftigkeit. Nachgewiesen werden kann diese durch Vorlage eines Leistungsbescheids über Grund­sicherung, Jobcenter, Bafög-Stelle, Familienkasse oder Rentenversicherung, bei Erwerbstätigen eine Lohnabrechnung. Armutsgefährdungsgrenze ist zur Zeit bei 1250 € netto pro Einzelperson.

Rückfragen unter 0911/66 000 00 

Tafel-Leiterin Edeltraud Rager (r.) packt auch schon mal selbst mit an, wenn kein anderer zur Stelle ist.

Erinnerung an helfende Hände: Die wbg 2000 Stiftung hat Geld für die Tafel gespendet.

Ein Teil des Tafel-Teams mit Leiterin Edeltraud Rager (hinten links) und ihrem Stellvertreter Johannes Stieg (hinten, dritter von links).

Joghurt, Butter und Käse: An dieser Station der Tafel-Ausgabe an der Sigmundstraße gibt es Milchprodukte.

Neben der Station mit den Milchprodukten gibt es die mit den Backwaren bei der Tafel-Ausgabe an der Sigmundstraße.

Ihr Reich ist die Küche: Jesse Tootle (links) und Peter Fröhlich.

Sandra Hammer beim Küchendienst. Sie darf diesmal Kartoffeln pellen.

Tafel-Leiterin Edeltrud Rager sieht, wo Hilfe benötigt wird und packt gerne selbst mit an.